Video: Ozempic – Diabetes-Mittel oder Diät-Hype?

Medikamente wie Ozempic® sorgen derzeit für viel Aufmerksamkeit – vor allem wegen ihrer gewichtsreduzierenden Wirkung. Doch für wen ist das Medikament wirklich geeignet? In diesem Video spricht Prof. Dr. Jürgen Wagner über die Wirkweise von Ozempic, seine Anwendungsgebiete sowie die Vorteile und möglichen Risiken für Patient*innen. Wagner ist Chefarzt für Innere Medizin an der MEDICLIN Staufenburg Klinik in Durbach (Baden-Württemberg) und Experte auf dem Gebiet der Diabetesbehandlung.

Video: Ozempic

Ozempic® ist eigentlich ein Medikament zur Behandlung von Diabetes – doch mittlerweile wird es immer häufiger als „Abnehmspritze“ genutzt. Wie gefährlich ist dieser Trend? In diesem Video beantwortet Chefarzt Prof. Dr. Jürgen Wagner u. a. folgende Fragen.

  • Wie wirkt Ozempic® und für wen ist es geeignet?
  • Wie geht die Reha-Klinik mit der Nachfrage nach Ozempic® um?
  • Welcher Gewichtsverlust ist realistisch?
  • Warum bleibt eine langfristige Lebensstiländerung entscheidend?

Im Folgenden haben wir die Inhalte des Videos zusammengefasst:

Ozempic® ist ein relativ neues Medikament, über das aktuell häufig berichtet wird, da es gewichtsreduzierend wirkt. Ursprünglich wurde Ozempic zur Behandlung von Diabetes Typ 2 entwickelt und ist für diesen Zweck auch zugelassen. Der entscheidende Vorteil gegenüber früheren Medikamenten ist die deutlich höhere Gewichtsabnahme, die das Medikament ermöglicht.

Der Wirkstoff von Ozempic stammt aus einer Substanz, die in Echsen gefunden wurde. Bei diesen Tieren bereitet sich der Magen auf die Verdauung vor, sobald ein Beutetier gefressen wurde. Diese Mechanismen wurden weiterentwickelt, um ein Medikament zu schaffen, das nicht nur den Zuckerstoffwechsel verbessert und den Insulinbedarf senkt, sondern auch den Appetit reguliert und zügelt.

Wofür wird Ozempic angewendet und wann zahlt die Krankenkasse?

Ozempic ist zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen und wird in diesem Rahmen auch von der Krankenkasse erstattet. Für die Behandlung von Adipositas ist es hingegen nicht erstattungsfähig. Wer es ausschließlich zur Gewichtsreduktion einnehmen möchte, muss die Kosten selbst tragen. In der MEDICLIN Staufenburg Klinik wird das Medikament Diabetes-Patient*innen verschrieben, insbesondere wenn diese gleichzeitig an Übergewicht leiden. In diesen Fällen profitieren die Patient*innen besonders, da sie nicht nur Gewicht verlieren, sondern sich auch der Blutzucker besser einstellt.

Ist Ozempic auch für Diabetes Typ 1 und Prädiabetes geeignet?

Ozempic ist nicht für Patient*innen mit Diabetes Typ 1 geeignet, da dieser durch einen Insulinmangel gekennzeichnet ist. Der Insulinmangel muss behoben werden, indem man Insulin spritzt. Das Medikament kann Insulin nicht ersetzen und könnte in diesen Fällen sogar gefährlich sein. Daher raten wir bei Typ-1-Diabetes von der Anwendung ab.

Bei Prädiabetes ist die Situation anders. Diabetes Typ 2 entwickelt sich oft schleichend über viele Jahre, häufig in Verbindung mit Übergewicht. Wenn bereits eine eingeschränkte Insulinwirkung vorliegt, kann Ozempic helfen, das Gewicht zu reduzieren und den Diabetes-Ausbruch um Jahre hinauszuzögern.

Ozempic ist auch bekannt als Abnehmspritze. Ein gefährlicher Hype?

Ja, leider hat sich das Medikament auch als eine Art "Abnehmhilfe" etabliert, was einen Missbrauch darstellt. Obwohl es in bestimmten Fällen verschrieben werden kann, müssen Patient*innen es selbst bezahlen, wenn es ausschließlich zur Behandlung von Adipositas genutzt wird. Häufig wird das Medikament ohne ärztliche Begleitung verwendet. Wer das Medikament als Hilfe zum Abnehmen nimmt, muss trotzdem seinen Lebensstil ändern, sich mehr bewegen und die Ernährung entsprechend anpassen.

Ozempic ist ein Medikament, das potenziell lebenslang eingenommen werden muss, da es seine Wirkung nur bei regelmäßiger Einnahme entfaltet. Wird es abgesetzt, kann es zu einer erneuten Gewichtszunahme kommen. Es sollte nicht zur Optimierung des Körpergewichts genutzt werden, sondern dient primär dazu, bei Menschen mit Übergewicht oder Diabetes Typ 2 die gesundheitlichen Risiken zu reduzieren.

Wie kommt Ozempic in der MEDICLIN Staufenburg Klinik zum Einsatz?

In unserer Klinik wird Ozempic zunehmend nachgefragt. Es gibt durchaus medizinische Gründe, das Medikament zu verschreiben – insbesondere bei Patient*innen mit starkem Übergewicht und erheblichen gesundheitlichen Risiken. Allerdings wird die Kostenübernahme derzeit nur in bestimmten Fällen gewährt, sodass Patient*innen es bei einer reinen Adipositas-Behandlung in der Regel selbst zahlen müssen. Wir halten diese Nutzung nicht für ideal. Es wäre sinnvoll, Stufenschemata zu etablieren, die eine gezielte Verschreibung bei deutlich übergewichtigen Patient*innen mit erhöhter Gesundheitsgefährdung ermöglichen. Doch das ist nicht der Fall. Viele Patient*innen bringen das Medikament schon mit oder haben bereits Erfahrungen damit gemacht.

Welche Nebenwirkungen hat Ozempic?

Ozempic hat deutliche Nebenwirkungen. Viele Patientinnen und Patienten sind jedoch so motiviert durch die Gewichtsabnahme, dass sie diese in Kauf nehmen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Verstopfung, Völlegefühl und Mundgeruch. Da das Medikament die Magenentleerung verlangsamt, kann es bei übermäßigem Essen zu Unwohlsein führen. Wer dann weniger isst, hat auch weniger Nebenwirkungen. Dennoch zeigen Studien, dass ca. 16 Prozent der Patient*innen das Medikament nicht vertragen.

Was können Adipositas-Patient*innen für einen langfristigen und gesunden Abnehmerfolg tun?

Nach dem Absetzen von Ozempic steigt das Gewicht wieder an, wenn keine nachhaltige Lebensstiländerung erfolgt. Die beste Strategie für langfristigen Erfolg ist eine Kombination aus medikamentöser Unterstützung, Ernährungsumstellung und mehr Bewegung. Eine alleinige Einnahme des Medikaments ohne Anpassung des Lebensstils reicht nicht aus.

Die Studienergebnisse zur Gewichtsabnahme unter Ozempic sind beeindruckend: Patient*innen verlieren oft 16 bis 18 Prozent ihres Körpergewichts. In der Praxis, ohne engmaschige ärztliche Begleitung, liegt die durchschnittliche Gewichtsreduktion allerdings eher bei 10 Prozent. Wer mehr erreichen möchte, muss seine Ernährungsgewohnheiten und sein Bewegungsverhalten dauerhaft anpassen. Wichtig ist auch, die individuellen Ursachen des Übergewichts zu verstehen.

Neben der Gewichtsabnahme hat Ozempic noch weitere positive Effekte: Es reduziert das kardiovaskuläre Risiko und kann dazu beitragen, dass sich ein Diabetes zurückbildet oder sich der Krankheitsausbruch um Jahre verzögert. Das Medikament hat also einen wichtigen Stellenwert in der modernen Medizin – vorausgesetzt, es wird gezielt und verantwortungsvoll eingesetzt.

Interessenkonflikterklärung: Es bestehen keine Interessenkonflikte. Es gab keine finanziellen Zuwendungen von NovoNordisk oder EliLilly.

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