Wenn das Herz schneller, unregelmäßig oder langsamer schlägt, ist das häufig beängstigend, aber nicht immer gefährlich. Dennoch sind Arrhythmien ernst zu nehmen. Es gibt viele Behandlungen, die es Betroffenen ermöglichen, trotz und mit ihren Herzrhythmusstörungen gut zu leben.
In diesem Artikel erfahren Sie, wer besonders gefährdet ist, welche Symptome auftreten und wie die Erkrankung behandelt wird. Außerdem beantwortet unser Experte Dr. Kai Sonne 5 Fragen zum Thema Herzrhythmusstörungen.
Definition der Herzrhythmusstörungen
Das Herz versorgt den Organismus mit Sauerstoff, indem es das Blut rhythmisch durch das Kreislaufsystem pumpt. Die Herztätigkeit wird durch elektrische Impulse ausgelöst. Alle Störungen der Herztätigkeit, die durch Fehler bei der Bildung oder Weiterleitung elektrischen Impulse verursacht werden, bezeichnet man als Herzrhythmusstörungen oder Arrhythmien.
Der normale Herzrhythmus
Bei Erwachsenen, die sich im Ruhezustand befinden, schlägt ein gesundes Herz zwischen 60 und 100 Mal pro Minute. Strengt man sich körperlich an, schlägt das Herz schneller. Auch bei Aufregung, Angst oder Freude steigt die Schlagzahl pro Minute, die sogenannte Herzfrequenz an.
Der natürliche Schrittmacher für den Herzrhythmus ist der Sinusknoten. Dieser sitzt im rechten Herzvorhof. Er bildet elektrische Impulse, die die Herzmuskelzellen dazu anregen, sich zusammenzuziehen. Zuerst breiten sich die Impulse des Sinusknoten über die Muskelzellen der Herzvorhöfe aus. Dann gelangen sie über den Atrioventrikular-Knoten und dann über das HIS-Bündel, eine Art elektrischen Verteilerkasten, über das spezifische Reizleitungssystem (Tawara-Schenkel) in beide Herzkammern. Diese ziehen sich daraufhin zusammen und pumpen das Blut weiter. Danach entspannt sich die Herzmuskulatur, bis die nächsten Impulse vom Sinusknoten in den Herzkammern ankommen.
Formen von Arrythmien
Man unterscheidet folgende Formen von Herzrhythmusstörungen:
Tachykardie (Herzrasen): Die Herzfrequenz ist höher als 100 Schläge pro Minute. Im schlimmsten Fall kommt es zum lebensbedrohlichen Kammerflimmern. In diesen Notfällen muss eine Defibrillation vorgenommen werden.
Bradykardie: Die Herzfrequenz ist mit unter 60 Schlägen pro Minute zu niedrig.
Sick Sinus Syndrom: Bei Erkrankungen des Sinusknotens kann das Herz langsamer oder schneller schlagen.
Atrioventrikulärer Block (I-III): Bei einer Blockade des Atrioventrikular-Knotens ist die Weiterleitung der elektrischen Impulse gestört und das Herz schlägt meist langsamer.
Vorhofflattern: Die Vorhöfe schlagen 200 bis 300 Mal in der Minute. Vorhofflattern verursacht meist einen schnelleren Herzschlag.
Vorhofflimmern: Die Vorhöfe haben eine Frequenz von 500 bis 600 pro Minute und bewegen sich damit praktisch nicht, sie flimmern. Vorhofflimmern ist ein Hauptrisikofaktor für Schlaganfälle und geht mit erhöhten Krankenhausaufenthalten und einer erhöhten Sterblichkeit einher.
Es gibt auch gutartige Herzrhythmusstörungen, die meist keiner Behandlung bedürfen.
Gutartige Herzrhythmusstörungen
Gutartige Herzrhythmusstörungen sind nicht lebensbedrohlich. Wenn sie erstmals auftreten, sollte man sich ärztlich untersuchen lassen, um sicher zu gehen, dass die Herzrhythmusstörung wirklich gutartig ist.
Die häufigsten gutartigen Herzrhythmusstörungen sind:
- Extrasystolen: Eine Extrasystole ist ein Extra-Herzschlag im normalen Herzrhythmus. Für die Betroffenen kann sich die Extrasystole wie ein Herzstolpern anfühlen. Ärzt*innen erkennen Extrasystolen im Elektrokardiogramm.
- Gutartiges Herzrasen: Dabei schlägt das Herz ohne Anlass plötzlich schneller.
Gutartige Herzrhythmusstörungen müssen meist nicht ärztlich behandelt werden. Bestimmte Selbsthilfe-Methoden können Anfälle von gutartigen Herzrhythmusstörungen unterbrechen.
Wenn gutartige Herzrhythmusstörungen häufig auftreten, starke Beschwerden hervorrufen und damit die Lebensqualität oder die Herzleistung der Betroffenen beeinträchtigen, sollten sie ärztlich behandelt werden.
Ist Herzstolpern gefährlich?
Wenn das Herz kurzfristig aus dem Takt gerät, aber von allein in seinen normalen Rhythmus findet, spricht man z. B. von Herzstolpern. Ursächlich ist z. B. ein zusätzlicher Herzschlag, die sogenannte Extrasystole, der das Herz kurz aus dem Takt bringen kann. Nach einer Extrasystole macht der Herzmuskel eine kurze Pause. Danach schlägt das Herz wieder normal. Der zusätzliche Herzschlag ist auf dem EKG sichtbar.
Herzstolpern bedarf meist keiner Behandlung. Herzstolpern kann aber auch ein Hinweis auf eine krankhafte Arrhythmie sein. Daher sollten Sie sich ärztlich untersuchen lassen, insbesondere wenn:
- das Herzstolpern wiederholt nach Belastungen auftritt.
- es länger als 30 Sekunden dauert.
- Schwindelgefühl, Engegefühl in der Brust, Atemnot oder Benommenheit oder Ohnmachten auftreten.
Mithilfe von EKG-Untersuchungen und/oder einer Echokardiographie kann der oder die Kardiolog*in meist feststellen, ob das Herzstolpern ungefährlich ist oder behandelt werden muss. a
Gutartiges Herzrasen
Das Herz schlägt ohne Anlass viel schneller als sonst. Manchmal geht das gutartige Herzrasen mit Beschwerden wie Schwindel, Druck auf der Brust, Übelkeit und dumpfem Gefühl im Kopf einher.
Gutartiges Herzrasen ist nicht lebensbedrohlich. Ihr*e Kardiolog*in kann das gutartige Herzjagen von anderen Herzrhythmusstörungen meist mithilfe von EKG-Untersuchungen unterscheiden. In Zweifelsfällen kann ggf. eine elektrophysiologische Herzkatheteruntersuchung durchgeführt werden.
Bei gutartigem Herzrasen können ggf. Selbsthilfe-Methoden den Anfall unterbrechen. Wenn die Anfälle häufig auftreten, nicht unterbrochen werden können und/oder die begleitenden Symptome stark sind, helfen manchmal Medikamente. Man kann auch die Zellen im Herzen, die die Anfälle auslösen, durch eine Katheterablation "veröden".
Häufigkeit von Herzrhythmusstörungen
Arrhythmien kommen häufig vor. In Deutschland wurden im Jahr 2021 knapp 450.000 Menschen wegen Herzrhythmusstörungen in ein Krankenhaus aufgenommen. Im gleichen Jahr starben 28.219 Menschen an einer Herzrhythmusstörung, davon erlitten mehr als 65.000 einen plötzlichen Herztod häufig infolge eines Kammerflimmerns.
Vorhofflimmern ist die häufigste Arrhythmie. In Deutschland leiden mehr als 1,6 Millionen Menschen darunter. Vorhofflimmern erhöht das Risiko für einen Schlaganfall: Zwischen 20 und 30 Prozent der Schlaganfälle können auf Vorhofflimmern zurückgeführt werden.
Ursachen und Risikofaktoren
Herzrhythmusstörungen können von anderen Krankheiten verursacht werden, beispielsweise von:
- Bluthochdruck
- Koronarer Herzkrankheit (KHK)
- Herzklappenerkrankungen/ Herzklappenfehlern
- Herzmuskelerkrankungen
- Schilddrüsenüberfunktion
- Diabetes mellitus
- Chronischen Lungenerkrankungen
Risikofaktoren für Arrhythmien bei gesunden Menschen:
- Nebenwirkungen von Medikamenten
- Schlafmangel
- Stress
- Drogenkonsum
- Alkohol- oder Nikotinkonsum
- Nervosität oder Angst
- üppige Mahlzeiten
Symptome von Herzrhythmusstörungen
Bei einem zu langsamen Herzschlag (Bradykardie) kommt es zu folgenden Symptomen:
- Schwindelgefühl
- Schwäche
- Benommenheit bis hin zu Ohnmacht
- Bewusstseinsverlust
Ein unregelmäßiger Herzschlag verursacht Symptome wie:
- Herzstolpern
- Herzaussetzer
Eine hohe Herzfrequenz äußert sich mit:
- Herzrasen
- Atemnot
- Schwindel
- Schmerzen in der Brust
Mögliche weitere Symptome bei Arhythmien:
- verminderte Belastbarkeit
- Schweißausbrüche
- Druckgefühl in der Brust
- Panikattacken
Selbsttest auf Herzrhythmusstörungen
Ob Sie unter Herzrhythmusstörungen leiden, kann nur ein*e Ärzt*in feststellen.
Um Herzrhythmusstörungen frühzeitig zu erkennen oder die Entwicklung einer Arrhythmie zu beobachten, kann man den eigenen Herzrhythmus regelmäßig prüfen, indem man seinen Puls misst. Der Puls entspricht dem Herzschlag. Wichtig ist, dass der Puls im Ruhezustand geprüft wird.
Für den „Selbsttest auf Herzrhythmusstörungen“ gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Tragen eines Fitnesstrackers, bzw. einer Pulsuhr
- Blutdruckmessgerät mit erweiterten Funktionen
- Fingerspitzengefühl und Uhr mit Sekundenanzeige
Pulsmessung mit Fingerspitzengefühl:
- Legen Sie die Uhr mit der Sekundenangabe vor sich.
- Legen Sie die Fingerkuppen von Zeige- und Mittelfinger auf die Unterseite des Handgelenks unter den Daumen.
- Wenn Sie eine Pulsation spüren, zählen Sie 30 Sekunden lang die Pulse. Danach verdoppeln Sie ihr Zählergebnis – das ist Ihre Puls- bzw. Herzfrequenz.
- Beim Messen des Pulses achten Sie darauf, ob der Puls stark oder schwach ist und ob die Pulsation regelmäßig oder unregelmäßig ist.
Diagnostik bei Herzrhythmusstörungen
Ein Verdacht auf eine Herzrhythmusstörung kommt bei den obengenannten Symptomen auf. Weitere Informationen zur Dauer, der Häufigkeit und zu den Auslösern der Symptome sowie zu Grunderkrankungen und Medikamentengebrauch helfen dabei, den Verdacht zu erhärten.
Eine ärztliche Untersuchung gibt Aufschluss über den allgemeinen Gesundheitszustand. Um die Diagnose Herzrhythmusstörung zu stellen, sind folgende weiterführende Untersuchungen erforderlich:
- EKG, Langzeit-EKG, Belastungs-EKG
- Ultraschalluntersuchung
- Pulsanalyse
- Herzfrequenzmessung
Wenn diese Untersuchungen keine eindeutige Diagnose erbringen, kann eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU) über einen Herzkatheter erforderlich sein. Mit dieser Methode kann man den Ursprung und die Art der Herzrhythmusstörung bestimmen.
Behandlung von Arrhythmien
Nicht jede Herzrhythmusstörung muss behandelt werden. Ob eine Arrhythmie behandlungsbedürftig ist oder nicht, kann nur ein*e Ärzt*in, bzw. ein*e Kardiolog*in feststellen.
Die Behandlung von Herzrhythmusstörungen richtet sich nach ihren Ursachen, der Art und dem bisherigen Krankheits- und Therapieverlauf. Es gibt folgende Behandlungsmethoden:
Medikamente absetzen, die die Arrhythmien auslösen
Herzrhythmusstörungen, wie z. B. das Sick Sinus Syndrom, Atrioventrikulärer Block oder Tachykardien (Herzrasen) können von Medikamenten hervorgerufen werden. Dieses Medikament muss abgesetzt und durch ein anderes ersetzt werden.
Medikamentöse Behandlung
Medikamente, die gegen Herzrhythmusstörungen wirken und den Herzrhythmus normalisieren, nennt man Antiarrhythmika. Bei einer Tachykardie sowie bei Vorhofflattern und Vorhofflimmern werden Medikamente, die den Herzschlag verlangsamen, eingesetzt. Patient*innen mit Vorhofflimmern erhalten zur Vorbeugung von Schlaganfällen häufig auch Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen.
Herzschrittmacher bei Bradykardie
Bei einem zu langsamen Herzschlag (Bradykardie) kann – falls erforderlich – ein Herzschrittmacher eingesetzt werden. Der Herzschrittmacher ist ein Gerät, das erkennt, wenn das Herz zu langsam schlägt und dann automatisch elektrische Impulse erzeugt, die das Herz stimulieren, im richtigen Rhythmus zu schlagen.
Defibrillation und Kardioversion
Elektroschocks können Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflattern und -flimmern, Herzrasen und Kammerflimmern unterbrechen. Die Unterbrechung ermöglicht dem Herzen einen Neustart in einem gesunden Herzrhythmus. Man nennt die Behandlung mit starken Stromstößen Defibrillation oder Kardioversion (EKG-getriggerte Schockabgabe). Die Stromstöße werden mit Geräten verabreicht, die man als Defibrillatoren bezeichnet. Man unterscheidet externe und implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren (Abkürzung: ICD).
Externe Defibrillatoren befinden sich außerhalb des Körpers. Im öffentlichen Raum, z. B. auf Bahnhöfen, in Behörden oder Firmen, gibt es automatisierte externe Defibrillatoren (AED) für Notfälle. Die AEDs sind für medizinische Laien sehr einfach zu bedienen und können Leben retten.
Ärzt*innen in Kliniken oder im Rettungseinsatz verwenden in der Regel manuelle oder halbautomatische Defibrillatoren, die sie persönlich steuern. Die manuellen Geräte werden auch zur Kardioversion bei Vorhofflattern und -flimmern eingesetzt. Bei einer Kardioversion geschieht im Grunde das Gleiche, wie bei einer Defibrillation, nur dass der Schock EKG-getriggert abgegeben wird.
Implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren sind kleine Geräte, die bei Patient*innen mit hohem Risiko für Kammerflimmern unterhalb des Schlüsselbeins unter die Haut eingesetzt werden. Wenn der implantierte Kardioverter-Defibrillator eine alarmierende Veränderung misst, gibt er Stromstöße ab, um den Herzrhythmus zu normalisieren.
Ablationstherapie
Bei einer Ablationstherapie werden Zellen im Herzen verödet, die unkontrolliert elektrische Impulse bilden oder weiterleiten und so eine Herzrhythmusstörung verursachen. Die Ablationstherapie kommt z.B. bei Vorhofflimmern zum Einsatz.
Rehabilitation bei Arrhythmien
Eine Rehabilitation bei Herzrhythmusstörungen kommt vor allem für Patient*innen infrage, bei denen eine Herzerkrankung oder ein Herzinfarkt die Arrhythmie verursacht hat.
Die Reha bei Herzrhythmusstörungen soll Sie vor weiteren Erkrankungen schützen und Ihre Lebensqualität verbessern. Um diese Ziele zu erreichen, stellt ein Team aus Fachleuten für Sie einen individuellen Behandlungsplan aus verschiedenen Therapiebausteinen zusammen.
Folgende Therapiebausteine kommen bei Herzrhythmusstörungen zum Einsatz:
- Behandlung mit Medikamenten
- Krankengymnastik
- Physikalische Therapien
- Ergotherapie
- Ernährungsberatung
- Abbau von Risikofaktoren
- soziale Unterstützung, z. B. Wiedereinstieg in den Job oder Rentenantragstellung
- Krankheitsbewältigung
- Anpassung an Sport- und Freizeitaktivitäten
- Entspannungsverfahren
- Stressbewältigung
- Schulungen zur Herzgesundheit
Bei einer Rehabilitation nach der Implantation eines Herzschrittmachers oder eines Defibrillators gehören auch folgende Leistungen zum Therapieplan:
- Wundversorgung
- Anleitung zur Bewegung
- Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Schrittmachers
- falls nötig eine Umprogrammierung des Geräts
Folgen von Herzrhythmusstörungen
Arrhythmien können schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen, wie bspw.:
- Embolien
- Schlaganfälle
- selten auch einen Herzinfarkt
- zunehmende Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
Eine frühzeitige Diagnose und falls erforderlich eine konsequente Therapie der Herzrhythmusstörung können diesen Folgen vorbeugen.
Vorsorge und Selbsthilfe
Ein gesunder Lebensstil hilft dabei Arrhythmien vorzubeugen oder – falls bereits eine Herzrhythmusstörung besteht – die Häufigkeit der Anfälle und die Schwere der Symptome zu lindern. Zu einem gesunden Lebensstil gehören:
- Verzicht auf Nikotin und Alkohol
- Stress vermeiden, sich Ruhe gönnen
- ausgewogene Ernährung
- üppige Mahlzeiten vermeiden
- Schlafhygiene für erholsamen Schlaf
Selbsthilfe: Methoden zur Unterbrechung eines Anfalls
Bevor Sie eine der unten genannten Methoden anwenden, sollten Sie sich von Ihrem*r Kardiolog*in individuell beraten lassen.
Anfälle von gutartigem Herzrasen kann man unter Umständen durch bestimmte Methoden, die man als Vagus-Manöver bezeichnet, beenden. Bei einem Vagus-Manöver wird der Vagus-Nerv stimuliert, der gewöhnlich den Herzschlag verlangsamt.
Zu den Vagus-Manövern gehören:
- tief einatmen, bei angespannter Muskulatur, zugehaltener Nase und zugepresstem Mund Luft anhalten und Druck aufbauen
- schnell ein kaltes, ggf. kohlensäurehaltiges Getränk trinken
Wenn das gutartige Herzrasen länger als gewöhnlich dauert und/oder mit starken Beschwerden einhergeht, muss ärztliche Hilfe gerufen werden.
5 Fragen an den Experten
Fünf Fragen an unseren Experten, Dr. med. Kai Sonne, Leitender Arzt der Sektion Rhythmologie der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie im MEDICLIN Herzzentrum Lahr
Bei welchen Symptomen einer Herzrhythmusstörung sollte man immer sofort die Rettung alarmieren?
Sollten akute Beschwerden wie z. B. starke Luftnot, starker Schwindel oder Bewusstlosigkeit auftreten und die Rhythmusstörung nicht aufhören, ist zu empfehlen den Notarzt zu alamieren.
Wenn das Herz plötzlich schneller schlägt, oder man das Gefühl hat, dass es häufiger stolpert oder pausiert, wie erkennt man, ob diese Störung gutartig ist oder ob es sich um eine ernste Erkrankung handelt und man ärztliche Hilfe braucht?
Prinzipiell ist zunächst ein EKG notwendig um dieses zu unterscheiden. Bei vereinzelten „Stolperern“ muss nicht gleich der Arzt gerufen werden. Hier helfen „Pulsuhren“, die eine EGK-Aufzeichnung haben.
Warum müssen einige Menschen mit Vorhofflimmern Medikamente nehmen, die die Blutgerinnung hemmen und andere nicht?
Das liegt an dem Risiko für einen Schlaganfall. Der wird mit dem sogenannten CHA2DS2-VASc-Score ermittelt. Hier fallen bestimmte Faktoren ins Gewicht: das Alter (entweder 1 Punkt oder ab 75 Jahre – 2 Punkte), kardiale Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, vaskuläre Erkrankungen und ob schon einmal ein Schlaganfall (2 Punkte) passiert ist. Schon bei einem Risiko von einem Punkt sollte eine orale Antikoagulation, also eine Gabe von Medikamenten zur Hemmung der Blutgerinnung erfolgen, damit das erhöhte Schlaganfall-Risiko reduziert ist.
Viele Menschen tragen heutzutage Smart Watches, die ein EKG anfertigen und den Blutdruck messen können Wie verlässlich sind solche Geräte?
Viele Smart-Watches haben eine erstaunlich gute EKG-Qualität, die sehr bei der Diagnostik hilft. Hier ist allerdings die Auswertung durch einen Arzt erforderlich.
Kann ich Sport treiben, wenn ich Herzrhythmusstörungen habe und worauf muss ich dabei achten?
Prinzipiell ist Sport, wie immer in Maßen, eine gesunde Beschäftigung. Je nachdem welche Rhythmusstörung besteht, kann man verschiedene Sportarten treiben. Bei lebensgefährlichen Rhythmusstörungen und häufig ausgeprägter Herzinsuffizienz sollte die sportliche Betätigung moderat sein. Andere Rhythmusstörungen ziehen keine Sporteinschränkungen nach sich. Hier ist eine individuelle Beratung notwendig.